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AR288

Von einem nicht mischbaren Wasser-Öl-System bis zur extrem geringen Grenzflächenspannung einer Mikroemulsion

Bestimmung der GFS über einen Bereich von sechs Dekaden mit ein- und demselben Instrument

Bei industriellen Anwendungen wie der tertiären Erdölförderung (EOR), bei pharmazeutischen oder Kosmetikprodukten ist es häufig erforderlich, hydrophobe Substanzen in wässrigen Medien zu mobilisieren und zu transportieren. Der ideale Weg ist dabei die Herstellung einer Mikroemulsion, d.h. einer thermodynamisch stabilen Dispersion. Bei der Synthese entsprechender Mischungen kann die Grenzflächenspannung (GFS) zwischen Wasser und der hydrophoben Phase zwischen 50 mN/m für die Rohsubstanzen bis hinab zu Werten von 10‑5 mN/m für die Fraktionen der erfolgreich erzeugten Mikroemulsion liegen. Bei der Suche nach der optimalen Zusammensetzung ist der Einsatz eines Messinstrumentes hilfreich, das dieses sehr breite Spektrum von Grenzflächenspannungen abdecken kann.

 

In diesem Applikationsbericht zeigen wir zunächst, wie ein beeindruckend großer Bereich von Grenzflächenspannungen mithilfe des Spinning Drop Tensiometers (SDT) gemessen werden kann. Dabei beginnen wir mit einem einfachen System aus einer Wasserphase, einer Ölphase (Cyclohexan) und einem Hydrotrop (tert-Butylalkohol). Die erhaltenen Messwerte zwischen 50 mN/m bis herab zu 0,1 mN/m weisen eine gute Übereinstimmung mit Werten auf, die für ein Force Tensiometer – K20 angegeben werden, und zeigen dabei sogar eine bessere Reproduzierbarkeit. Durch die Erweiterung der Analysen auf ein Phasensystem mit ultra-niedriger GFS konnten wir zeigen, dass das Instrument zuverlässige Ergebnisse in einem Bereich von sechs Zehnerstellen liefert, also bis hinab zu 2,7·10‑5 mN/m.

Hintergrund

Messung der GFS mit dem Spinning Drop Tensiometer – SDT

Das Spinning Drop Tensiometer – SDT erlaubt eine optische Bestimmung der Flüssig-flüssig-GFS durch die Analyse der Form eines Tropfens einer leichten Phase, die von einer schweren Phase umgeben ist [2]. Der Tropfen wird in einer gefüllten, rotierenden Kapillare durch Fliehkraft verlängert; dabei wirkt die GFS, die den Tropfen in eine runde Form bringen will, dieser Verlängerung entgegen. In der Folge kann die GFS (mithilfe der Young-Laplace-Methode) durch die Analyse des Krümmungsverlaufs oder (bei der Vonnegut-Methode) durch Messung des vertikalen Durchmessers des verlängerten Tropfens bestimmt werden.

 

Wichtige Vorteile des SDT als hochmodernem Instrument sind neben anderen Vorzügen sein patentiertes Verfahren für die Kapillarfüllung und die Funktion für das automatische Ablösen des Tropfens [3], der hohe Automatisierungsgrad durch die ADVANCE Software, die Präzisions-Bildkalibrierung mit einem integrierten Kegel definierter Abmessung sowie die Beleuchtung per Stroboskoplicht zur exakten Erfassung des Tropfenprofils.

 

 

Einfluss von Hydrotropen auf die Wasser-Öl-GFS

Hydrotrope sind kleine, amphiphile Moleküle, welche die Löslichkeit hydrophober Substanzen in Wasser steigern können und damit als Kosolvent wirken. Hydrotrope neigen dazu, die GFS zwischen Wasser- und Ölphase zu reduzieren; anders als Tenside bilden sie aber keine stabilen Mizellen in Wasser, weil die hydrophoben Teile ihrer Moleküle zu klein sind. Normalerweise werden Hydrotrope zu Verbesserung der Stabilität von Mikroemulsionen verwendet. Ein typisches Beispiel ist tert-Butylalkohol (TBA).

 

 

Versuchsdurchführung

Die GFS wurde an einem einfachen System aus doppelt destilliertem Wasser als schwerer Phase und Cyclohexan (CHX, Sigma Aldrich, wasserfrei, ≥ 99,5 %) als leichter Phase mit unterschiedlichen Anteilen von TBA (Carl Roth, ≥ 99,5 %) untersucht. Alle Chemikalien wurden ohne weitergehende Reinigung verwendet. Die Probenmischungen wurden gemäß Ref. [1] vorbereitet, die Phasen wurden ineinander gesättigt. Die mit einem Force Tensiometer – K20 ermittelten Dichte- und GFS-Werte entstammen derselben Quelle und stehen als Teil der Hilfsinformationen [4] zur Verfügung. Zusammensetzung und Angaben aus der Literatur sind in Tab. 1 aufgelistet:

 

Die Messungen der GFS wurden mit einem SDT vorgenommen. Die Temperatur wurde über einen verbundenen Thermostaten auf 20 °C eingestellt.

 

 

Probe Nr.

Molanteil TBA/Wasser (Gleichgew.) [%]

Dichte
leichte Phase [g/cm³]

Dichte schwere Phase [g/cm³]

1 0.00 0.776 0.998
2 0.11 0.778 0.998
3 0.88 0.776 0.992
4 3.77 0.776 0.976
5 5.54 0.783 0.971
6 6.52 0.802 0.966
7 7.91 0.835 0.953

 

Tab. 1: Zusammensetzung und Dichte der Proben­mischungen nach [1, 4].

Ergebnisse

Abb. 1 zeigt Beispiele für Tropfenbilder zur höchsten GFS (A, Probe 1) und zur niedrigsten GFS (B, Probe 7) der getesteten Proben.

Abb. 1: Beispiele für Tropfenbilder von Probe 1 (A) und Probe 7 (B). Die Rotationsgeschwindigkeiten betrugen 12.000 min−1 bzw. 6.000 min−1. Die Tropfen wurden nach Young-Laplace gefittet.

Die erhaltenen GFS-Werte aller getesteten Proben wie auch die Werte mit einem K20 aus der Literatur [1] sind in Tab. 2 zusammengestellt. Zusätzlich wurde in Abb. 2 die normalisierte GFS gegen den Molanteil des TBA in Wasser im Vergleich zwischen SDT und K20 aufgetragen. Die mit den beiden Verfahren erhaltenen Daten weisen eine gute Übereinstimmung auf, wobei insbesondere bei niedrigen GFS-Werten die Standardabweichung der Messungen mit dem SDT deutlich geringer ist als bei K20-Messungen. Tatsächlich ist die Unsicherheit mit 0,3 mN/m bei der K20 Wilhelmy-Methode dreimal so groß wie die gemessene GFS. Die Spinning-Drop-Methode ist daher bei geringen GFS-Werten kraftgestützten Methoden deutlich überlegen.

 

 

Probe Nr.

GFS (SDT) [mN/m]

GFS (Wilhelmy Plattenmethode, K20), [mN/m], [1]

1 46.589 ± 0.096   48.8
2 41.740 ± 0.088 41.0
3 24.192 ± 0.037 24.5
4 7.731 ± 0.058 7.3
5 2.475 ± 0.004   2.3
6 1.026 ± 0.004 1.0
7 0.235 ± 0.009 0.1

 

Tab. 2: GFS-Werte und Standardabweichung (N=3-4) der Mischungen bei Messung mit SDT (diese Studie) und mit K20 (Wilhelmy Plattenmethode, [1]). Die Standardab­wei­chung bei der Plattenmethode beträgt nach [1] 0,3 mN/m.

Abb. 2: Darstellung der normierten GFS (GFS dividiert durch GFS von Wasser vs. CHX ohne TBA = GFS0) vs. Molanteil von TBA in Wasser unter Gleichgewichtsbedingungen. Die Daten für Spinning Drop (hellblau) und K20 (dunkelblau, [1]) korrelieren sehr gut, wobei die Standardabweichung (Fehler-balken) insbesondere bei geringen GFS beim SDT im Vergleich zum K20 deutlich kleiner ist.

Um das Potential des Instrumentes zur Bestimmung ultra-geringer GFS aufzuzeigen, wurde eine Mischung von Wasser (250 mL), Natriumchlorid (25,5 mg), n-Heptan (250 mL) und dem Tensid AOT (Dioctylnatrium­sulfosuccinat, 55,5 mg) hergestellt. Für diese Mischung wurden GFS-Werte im Bereich von 10-5 mN/m ermittelt [5]. Die Substanzen wurden unter Verwendung eines Magnetrührers 18 Stunden lang bei Raumtemperatur gründlich gemischt. Die Mischung wurde in einen Scheidetrichter gefüllt. Es erfolgte eine Separation in drei Phasen, die etwa 4 Stunden benötigte.

 

Die mittlere Phase der Mikroemulsion wurde als Tropfenphase verwendet und mit dem SDT bei 25° C gegen die schwere Phase gemessen. Ein exemplarisches Tropfenbild ist in Abb. 3 zusammen mit dem Ergebnis des GFS-Wertes von 2,7·10-5 mN/m dargestellt.

Abb. 3: Beispiel-Tropfenbild einer Mikroemulsion in der umgebenden schweren wässrigen Phase für Wasser-NaCl-n-Heptan-AOT. Die Rotations¬geschwindigkeit betrug 1.400 min-1. Der Tropfen wurde nach Vonnegut gefittet.
Zusammenfassung

Die Messung und Einstellung von Flüssig-flüssig-Grenz­flächenspannungen (GFS) hat eine große Bedeutung für Branchen, die mit Emulsionen und insbesondere mit Mikroemulsionen arbeiten. Wir legen GFS-Daten vor, die für ein einfaches System aus Wasserphase, Ölphase und Kosolvent mit einem Spinning Drop Tensiometer – SDT bestimmt wurden. Die Ergebnisse weisen eine sehr gute Übereinstimmung mit den Angaben der Literatur auf, zeigen aber eine deutlich geringere Unsicherheit. Bei einem anderen Mikroemulsionssystem wurde eine GFS im Bereich von 10‑5 mN/m ermittelt, welche die besonders große Bandbreite von GFS verdeutlicht, die mit dem SDT gemessen werden können. Dieser große Arbeitsbereich in Verbindung mit dem benutzer­freundlichen Handling und den fortschrittlichen technischen Funktionen für die Erzielung präziser Ergebnisse machen das SDT bei der Bestimmung niedriger GFS-Werte zum Instrument der Wahl.

 

 

Literatur

 

 

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