Methode nach Owens, Wendt, Rabel und Kaelble (OWRK)
Die Methode nach Owens, Wendt, Rabel und Kaelble ist eine Standardmethode zur Berechnung der freien Oberflächenenergie eines Festkörpers aus dem Kontaktwinkel mit mehreren Flüssigkeiten. Die freie Oberflächenenergie wird dabei in einen polaren Anteil und einen dispersiven Anteil aufgespaltet.
Hintergrund
Gemäß der Young’schen Gleichung besteht ein Zusammenhang zwischen dem Kontaktwinkel θ, der Oberflächenspannung der Flüssigkeit σl, der Grenzflächenspannung σsl zwischen Flüssigkeit und Festkörper und der freien Oberflächenenergie σs des Festkörpers:
Um die freie Oberflächenenergie aus dem Kontaktwinkel berechnen zu können, muss die zweite unbekannte Größe σsl bestimmt werden.
Anknüpfend an die Methode nach Fowkes wird die Grenzflächenspannung σsl anhand der beiden Oberflächenspannungen σs und σl und der gleichartigen Wechselwirkungen zwischen den Phasen berechnet. Diese Wechselwirkungen werden als geometrischer Mittelwert eines dispersiven Anteils σD und eines polaren Anteils σP der Oberflächenspannung bzw. freien Oberflächenenergie interpretiert:
Zur Bestimmung der freien Oberflächenenergie des Festkörpers werden mindestens zwei Flüssigkeiten mit bekannten dispersiven und polaren Anteilen der Oberflächenspannung benötigt, wobei mindestens eine der Flüssigkeiten einen polaren Anteil > 0 aufweisen muss.
Die Grenzflächenspannung hängt nach dem Zweikomponentenmodell davon ab, ob polare und dispersive Anteile mit entsprechenden Anteilen der angrenzenden Phase Wechselwirkungen ausbilden können. Zum Beispiel wird die Grenzflächenspannung gegenüber der polaren Flüssigkeit Wasser kleiner, wenn der Festkörper ebenfalls polar ist. Ist der polare Anteil beim Festkörper hingegen gering, dann nimmt der Wurzelterm (σPl ⋅ σPs)1/2 einen kleinen Wert an. Die polaren Wechselwirkungen liefern dann nur einen geringen Beitrag zur Verringerung der Grenzflächenspannung; dies korrespondiert mit einer schlechten Benetzung und einem hohen Kontaktwinkel.
In der folgenden Grafik werden die verschiedenartigen Wechselwirkungen durch Hände symbolisiert – nur die „passenden“ Hände können ineinander greifen.
Bedeutung
Die OWRK-Methode kommt bei der Untersuchung des Einflusses polarer und dispersiver Wechselwirkungen auf die Benetzbarkeit und Adhäsion zum Einsatz. Vor allem der Kontakt zwischen Oberflächen unterschiedlicher Polarität und der Einfluss der Änderung der Polarität, zum Beispiel durch Coating oder Plasmabehandlung, kann mit Hilfe der OWRK-Methode begutachtet und optimiert werden – bei Prozessen wie Lackierung, Drucken, Kleben, hydrophob oder hydrophil Beschichten.
Literatur
- D. H. Kaelble, Dispersion-Polar Surface Tension Properties of Organic Solids. In: J. Adhesion 2 (1970), P. 66-81.
- D. Owens; R. Wendt, Estimation of the Surface Free Energy of Polymers. In: J. Appl. Polym. Sci 13 (1969), P. 1741-1747.
- W. Rabel, Einige Aspekte der Benetzungstheorie und ihre Anwendung auf die Untersuchung und Veränderung der Oberflächeneigenschaften von Polymeren. In: Farbe und Lack 77,10 (1971), P. 997-1005.